Liebe Wölfin,
du bringst einen interessanten Aspekt in diese Diskussion, die sich zwar gerade ein wenig von der Ursprungsthematik entfernt, aber das wird man uns hoffentlich verzeihen.
Gleichwertigkeit! Was diese Betrachtungsweise betrifft, bin ich zu 100% bei dir. Es darf im Verhältnis von Dom und sub kein Gefälle der Wertigkeit geben. Wenn Dom sich als etwas Höheres und Besseres betrachtet, ist das für das Verhältnis genauso schädlich, als würde sub sich selbst als wertlos und als jemand, „die es verdient, schlecht behandelt zu werden“ fühlen. Das ist etwas, was jede Beziehung vergiftet, die Ungleichheit der Wertigkeiten. Kein Privileg von D/s Beziehungen, wohl aber etwas was im Hinblick auf die besonderen Machtverhältnisse eine geschärftere Aufmerksamkeit verlangt. Wenn es das ist, was du unter Augenhöhe verstehst, dann ist diese auch nach meinem Verständnis unabdingbar.
Der Begriff Augenhöhe impliziert für mich aber auch das Bild von Gleichheit und Gleichberechtigung. Vielleicht bin ich auf einem falschen Dampfer, aber für mich ist das ein unlösbarer Widerspruch, auf der einen Seite zu sagen, ich lebe in einer D/s-Beziehung und gleichzeitig zu meinen, diese Beziehung wäre geprägt durch eine Gleichheit der Handlungsoptionen und gleichberechtiger Möglichkeiten, diese zum Einsatz zu bringen. Das wäre nach meinem Verständnis eine Beziehung auf Augenhöhe, eine ohne Machtgefälle. Ich als sub könnte den Kelch drehen und von seiner Seite nippen. Ich könnte beispielsweise detailliert festlegen, wie bestimmte Aktionen abzulaufen haben. Abgesehen davon, dass ich mich selbst damit schon mal um einen Großteil meines eigenen Vergnügens bringen würde, weil das eben nicht meiner erotischen Ausrichtung entspricht, würde auch er wohl mit einigem Befremden reagieren. Und das nicht, weil er einen unzulässigen Machtverlust befürchten müsste, sondern weil das unser gesamtes Verhältnis verändern würde. Damit wäre klar, dass ich mich vom Spannungsverhältnis unseres besonderen Machtverhältnisses verabschieden würde.
Bitte nicht falsch verstehen! Ich lasse mich nur ungern von Außen in bestimmte Formen und Normen pressen. Ich mag auch diese Begrifflichkeitsdiskussionen nicht, weil es so individuell erlebt wird, dass nur weniges als gemeinsamer Nenner übrig bleibt. Bei D/s ist der kleinste gemeinsame Nenner für mich das Anerkenntnis des Machtgefälles, das in seiner Ausprägung ganz unterschiedlich gelebt werden kann. Ich selbst lebe freier und autonomer als manche Ehefrau, und doch weiß ich, dass diese Freiheit und Autonomie von mir so gelebt werden kann, weil sie mir mein Partner ermöglicht. Zum Glück gibt es eine große Übereinstimmung im Bereich unserer Werte und Wertigkeiten, abgesehen von der Übereinstimmung der erotischen Vorlieben. Das ist aber nicht das Ergebnis unserer einst „auf Augenhöhe“ miteinander vereinbarten Beziehungsprämissen, sondern das, was sich durch unsere Begegnung wie eine Art Puzzel aneinander gefügt hat.
Und deshalb finde ich schon, dass es eine Rolle spielt, von welcher Seite des Kelches getrunken wird. Würden wir den Kelch drehen, wäre es ein anderer Kelch. Vielleicht immer noch unserer, aber es würde eine Neusortierung erfordern, in deren Ergebnis vielleicht stehen würde: kein D/s. Was kein Weltuntergang wäre, nur eben etwas Anderes. Wenn ich irgendwann nicht mehr submissiv liebe, dann wird die Unterwerfung nicht mehr meins sein. Dann taugt mir vielleicht auch eine Liebe auf Augenhöhe. Mein Herz hängt nicht an der Unterwerfung, sondern am Mann, dem ich mich unterworfen habe, weil ich ihn liebe. Nicht umgedreht.
liebe Grüße
Lais